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Franz Clouth

Franz Julius Hubert Clouth wurde am 18.2.1838 als Sohn des katholischen Buchdruckers und Verlegers Wilhelm Clouth aus Übersetzig (Burg Dattenfeld) und seiner Frau Anna Maria Katharina, geb. Ritter in dem Haus Heumarkt 271 geboren.

Die Eltern: Wilhelm Clouth
Katarina Clouth, geb Ritter

In dieses Wohnhaus der Familie des Advokaten Ritter2 waren nach der Eheschließung im Jahre 1814 auch die Eltern  Wilhelm und Katharina Clouth gezogen3. Auch die Geschäftsräume befanden sich dort. Bei Wilhelm Clouths Firma Büscheler & Comp. hatte übrigens Karl Marx, dessen Redaktionsräume sich 1848/49 ebenfalls am Heumarkt befanden, seine erste deutsche Ausgabe des „Kapitals“ im Jahre 1867 drucken lassen4. Nach dem Besuch der Höheren Bürgerschule5, welche Franz mit dem Abitur abschloss, absolviert er eine kaufmännische Lehre bei der Speditionsfirma Erlenwein & Co in Köln. Schon sehr früh bereiste er Antwerpen, Brüssel und London. In Antwerpen war er Angestellter der Spedition Müller6. Im Jahre 1860 begann er zunächst als Handelsvertreter für Getreide und Spirituosen7. Zuvor hatte er es abgelehnt ohne zusätzliche Investitionen durch seinen Vater in dessen Betrieb einzutreten. Ein Jahr später war er erneut in England und gelangt auch auf die Isle of Wright. Dort fand er einer Anekdote nach am Strand eine Kiste mit Rohkautschuk. Er verkaufte dieses Strandgut und machte seinen ersten größeren Gewinn. Dabei war zu berücksichtigen, dass es sich seinerzeit bei Rohkautschuk um ein wertvolles und damit teures Wirtschaftsgut handelte8.

Nachdem er ebenfalls im Laufe des Jahres 1860 die Interessenvertretung einer englischen Gummiwarenfabrik übernommen hatte, gründete im Jahre 1862 Franz Clouth9 in der Sternengasse 3 ein „Comptoir“ für den Verkauf englischer Gummiwaren und die Herstellung von eigenen Gummiartikeln, insbesondere Gummisauger. Das Hauszeichen in der Sternengasse 3, ein fünfzackiger Stern wurde später zum Firmenzeichen von Clouth. Der Legende nach soll in diesem Haus die Heilige Ursula Quartier genommen haben. Später wohnten hier u.a. die reichen und bekannten Kölner Patrizierfamilien Overstolzen, Lyskirchen und Steynkop. Franz Clouth lies sich im Jahre 1864 unter „Franz Clouth, Commissionsgeschäft in Gummiwaren zu technischen Zwecken“ in das Kölner Adressbuch eintragen. Bekannt war sein Unternehmen aber auch als „Gummi- und Gutaperchafabrik von Franz Clouth“10.

In der Sternengasse 3 befanden sich aber nicht nur die Firma, sondern auch die privaten Wohnräume der Familie Clouth. Vorher hatte sie in der Rosengasse11 und am Holzmarkt12 in der Kölner Altstadt gewohnt. In dem Haus am Holzmarkt befand sich auch die Wohnung der Schwiegereltern Wahlenberg.

Franz Clouth war seit 1863 mit der im Jahre 1842 in Köln geborenen Protestantin Theodora Wahlenberg verheiratet. Aus dieser Ehe stammten die Kinder Theodore (geb. 1864), Franz (geb. 1865), Wilhelmine (geb. 1867) und Hedwig (geb. 1868), welche evangelisch getauft wurden. Der Sohn Franz wurde nur fünf Jahre alt. Seine Frau Theodora Wahlenberg starb bereits im Jahre 1870 in Köln.

Im Rahmen der Auseinandersetzungen innerhalb der Katholischen Kirche über das Unfehlbarkeitsdogma des Papstes kam es 1870 zur Trennung zwischen der Römisch-Katholischen und der Alt-Katholischen Kirche. Eines der Zentren des deutschen Alt-Katholizismus war damals Köln. Zum Alt-Katholizismus tendierten hauptsächlich Gelehrte, Unternehmer und Staatsbeamte13. Auch der Fabrikant Franz Clouth schloss sich um 1870 der Alt-Katholischen Kirche an und gehörte der 187214 gegründeten Gemeinde Köln an. Sicherlich gehörte er mit zu den begüterten alt-katholischen Laien die für den Unterhalt des von der römischen Kirche gemaßregelten ersten alt-katholischen Kölner Pfarrers Wilhelm Tangermann aufkamen15. Die neuen Fenster für den ersten eigenen alt-katholischen Kirchenbau in Köln, der Christi-Auferstehung-Kirche an der Jülicher Straße, wurden von Franz Clouth gestiftet16.

Am 9. November 1872 heiratete Franz Clouth die 1847 in Köln geborene Josefine Henriette Rosalie Baum17. Die Kinder aus dieser Ehe, Maximilian Joseph (geb. 1873), Ella (geb. 1874), Eugen (geb. 1875, Rose (geb. 1876) Hans (geb. 1878), Richard (geb. 1882), Fritz (geb. 1884) und Wilhelm (geb. 1888), wurden altkatholisch getauft18.

Auch nach der Verlegung der Firma nach Nippes blieb die Familie in der Sternengasse wohnen. Dort wurden auch noch die Kinder Max, Ella und Eugen geboren19. 1879 zog die Familie Clouth in die Florastraße20 in ein Gebäude welches noch heute steht und nach 1945 lange Jahre als Nippeser Standesamt diente21. Später hatte sich Franz Clouth auf dem Werksgelände an der Niehler Straße eine Villa errichten lassen22.

Seine Arbeit stellte Franz Clouth stets unter die Leitgedanken „Wagnis – Arbeit – Erfolg“23.

Trotz seiner vielen Tätigkeiten und einer großen Familie unternahm er ausgedehnte und wiederholte Ferienreisen nach Skandinavien bis ans nördliche Eismeer, nach Afrika und nach dem damaligen Britisch-Indien. Seinen Aufenthalt in Ceylon nutzte er neben der Jagd für Forschungen über den Anbau bestimmter Gummipflanzen. Seine Leidenschaft war die Jagd. Ihr frönte er nicht nur auf seinen Ferienreisen, sondern auch in seinen Jagdrevieren in der Eifel und im Hochwald.

Vermutlich wurde das Familienwappen Clouth noch durch Franz Clouth selber gestiftet, eine entsprechende Eintragung in die Wappenmatrikel erfolgte jedoch erst viel später24. Nach Familienberichten soll der Plan bestanden haben Franz Clouth in den Adelsstand zu erheben25, doch habe er dies aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt26. Nach einer anderen Erzählung sei Franz Clouth gemeinsam mit einem Angehörigen der Familie Guilleaume in Berlin gewesen um von Kaiser Wilhelm II das Adelspatent entgegen zu nehmen. Da ihm die Zeit zu lange war, habe Franz Clouth das Schloß verlassen um sich anderen Geschäften in Berlin zu widmen27. Eine Bestätigung für beide Darstellungen konnte nicht erbracht werden, vielmehr dürfte es sich um typische „Verzällcher“ gehandelt haben. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, daß sich Franz Clouth durch seine Entscheidung für die Sache der Alt-Katholiken gegen die vorherrschende Meinung in Köln gestellt hatte. Aus diesen Kreisen dürfte kaum ein entsprechender Vorschlag gekommen sein28. Ausgezeichnet wurde Franz Clouth dennoch. Er erhielt den preußischen Roten-Adler-Orden IV. Klasse und durch den Großherzog von Oldenburg das Ehren-Ritterkreuz I. Klasse des Oldenburgischen Haus- und Verdienstordens.

Franz Clouth verstarb plötzlich und unerwartet am 7. September 1910 in seiner Villa in Köln-Nippes, nachdem er am Vortage noch in der Fabrik gearbeitet hatte. Seine Grabstelle und die seiner Familie kann heute noch auf dem Friedhof Melaten besucht werden.

Franz Clouth
Franz Clouth 1862
Josefine Clouth

1 nach: Geburtsurkunde Franz Clouth aus dem Jahre 1838; Kopie im Clouth-Archiv;

2 andere Schreibweise: Ridder;

3 nach: Personenkartei des Dr. Josef Bayer die Familie Clouth betreffend im Historischen Archiv der Stadt Köln (Kopie im Archiv des MJB-Verlages);

4 nach: „Familiengeschichte“ unter www.clouth.org;

5 Vorläufer der späteren Schulform Realgymnasium;

6 nach: Persönliche Erinnerungen des Herrn Max Clouth, unvollständiger maschinengeschriebener Text ohne Datum, wahrscheinlich 1946, Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln, Bestand Clouth, Vorstand, Nr. 7;

7 nach der Biographie Franz Clouth von Horst a: Wessel in „Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsbiographien, Band 13, Kölner Unternehmer im 19. und 20. Jahrhundert, Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster, 1986, Seiten 111 und 112;

8 nach: Chronik zur Geschichte der Stadt Köln, Band 2: Von 1400 bis zur Gegenwart, Herausgeber Peter Fuchs, Greven Verlag Köln, 1991, Seite 148;

9 Trotz seiner Bedeutung für die Industrialisierung des Rheinlandes findet sich in der bekannten Reihe „Rheinische Lebensbilder“ kein Beitrag über Franz Clouth; in dem Werk „Robert Steimel, Kölner Köpfe, Steimel-Verlag, Köln-Zollstock, o.J.,“ befinden sich je ein kurzer Beitrag über Franz Clouth und seinen Sohn Max Clouth, die jedoch praktisch keine wichtigen Informationen enthalten; Informationen dagegen sind enthalten in der Biographie Franz Clouth von Horst a: Wessel in „Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsbiographien, Band 13, Kölner Unternehmer im 19. und 20. Jahrhundert, Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster, 1986; nicht erwähnt wird Franz Clouth in: Ulrich S. Soenius (Hrg.), Bewegen – Verbinden – Gestalten, Unternehmer vom 17. bis zum 20. Jahrhundert, Festschrift für Klara van Eyll zum 28. September 2003, Stiftung Rheinisch-Westfalisches Wirtschaftsarchiv zu Köln, Köln, 2003; nach „Vier Chefs und ihr Leben“ im Kölner Stadt-Anzeiger vom 24./25.01.2004 wird Franz Clouth auch nicht im neuesten Band 43 der Schriften zur rheinisch-westfälischen Wirtschaftsgeschichte von Gabriele Oepen-Domschky erwähnt;

10 nach der Biographie Franz Clouth von Horst a: Wessel in „Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsbiographien, Band 13, Kölner Unternehmer im 19. und 20. Jahrhundert, Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster, 1986, Seite 115;

11 diese Straße existiert heute nicht mehr;

12 in den Personenstandsurkunden ist fälschlicherweise von der Holzstraße die Rede, aus der die Familie Clouth betreffenden Personenkartei Dr. Josef Bayer im Historischen Archiv der Stadt Köln ist aber ersichtlich, dass es sich um den Holzmarkt gehandelt haben muss;

13 zum Thema Alt-Katholische Kirche siehe u.a.: Johann Friedrich von Schulte, Der Altkatholizismus, Geschichte seiner Entwicklung, inneren Gestaltung und rechtlichen Stellung in Deutschland, Neudruck der Ausgabe Giessen 1887, Scientia Verlag Aalen, 1965; Die Altkatholische Kirche, ihre Geschichte, ihre Lehre, ihr Anliegen, von Dr. Urs Küry+, ergänzte und mit einem Nachtrag versehene 3. Auflage, herausgegeben von Dr. Christian Oeyen, Evangelisches Verlagswerk Frankfurt/M., 1982; sowie unter: http://www.alt-katholisch.de;

14 nach: Johann Friedrich von Schulte, Der Altkatholizismus, Geschichte seiner Entwicklung, inneren Gestaltung und rechtlichen Stellung in Deutschland, Neudruck der Ausgabe Giessen 1887, Scientia Verlag Aalen, 1965, Seite 352;

15 Nach: Wilhelm Tangermann, Erster Pfarrer der alt-kath. Gemeinde Köln, Predigt aus Anlaß seines 75. Todestages und seiner vor 110 Jahren erfolgten Übernahme der Pfarrgemeinde Köln, gehalten am 10. Oktober 1982 von Pfarrer Wilhelm Korstick, Privatdruck, Köln, 1982, Seite 5;

16 Information von Jürgen P. Clouth aus Leverkusen im Juli 2003;

17 siehe hierzu u.a. die Stammtafel Clouth in „Rheinische Geschlechter, Band 1, Mit Köln versippt, bearbeitet von Robert Steimel, Steimel-Verlag, Köln-Zollstock, o.J.“;

18 nach: Herm. Friedr. Macco, Zur Familien-Geschichte Clouth im Rheinland, Berlin, 1916, unveröffentlicht, Seite 8;

19 nach Auswertung der Personenstandsurkunden der Familie Clouth bis 1875; Kopien im Clouth-Archiv;

20 nach der Biographie Franz Clouth von Horst a: Wessel in „Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsbiographien, Band 13, Kölner Unternehmer im 19. und 20. Jahrhundert, Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster, 1986, Seite 117;

21 nach: Persönliche Erinnerungen des Herrn Max Clouth, unvollständiger maschinengeschriebener Text ohne Datum, wahrscheinlich 1946, Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln, Bestand Clouth, Vorstand, Nr. 7;

22 Die Villa ist erstmals 1883 auf einer Darstellung der gesamten Fabrik zu sehen;

23 nach: „Familiengeschichte“ unter www.clouth.org; siehe auch den Buchtitel: Wagnis – Arbeit – Erfolg, 100 Jahre Clouth, Franz Clouth, Rheinische Gummiwarenfabrik Aktiengesellschaft, Köln-Nippes, 1962;

24 siehe: Urkunde über die Eintragung des Wappen Clouth in die Wappenmatrikel des Herold, Abteilung für Heraldik, Berlin vom 24. Februar 1923, Kopie im Clouth-Archiv;

25 viele Industrielle wurden unter Kaiser Wilhelm II geadelt, z.B. Siemens, Guilleaume, Krupp usw.;

26 Information durch Jürgen Clouth aus Leverkusen im Juli 2003;

27 diese Version wurde dem Co-Autor Manfred Backhausen im Dezember 2003 von einem Labormitarbeiter erzählt; dieser wiederum hatte sie vor vielen Jahren von einem alten Clouthianer gehört;

28 diese These wird unterstützt durch den Umstand, daß es trotz der Bedeutung von Franz Clouth für die kölnische und rheinische Wirtschaft relativ wenig Literatur über ihn gibt; auch bei der nach ihm benannten Straße handelte und handelt es sich um eine sehr kleine und unbedeutende Straße in Nippes;